Was ermöglicht es uns als Menschen, unser volles Potential zu entfalten, unser Wohlbefinden nachhaltig zu steigern und psychische Erkrankungen vorzubeugen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Positive Psychologie als junge wissenschaftliche Strömung der akademischen Psychologie.
Trotz immer besserer Lebensbedingungen treten in Ländern mit mittlerem und hohem Einkommen zunehmend mehr Depressionen und andere psychische Störungen auf. Diese sind der ungeschlagene Spitzenreiter für Frühverrentungen. Laut einer Studie der Bundespsychotherapeutenkammer konnten 42 Prozent der Frühverrenteten 2012 wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen wie Depression und Burn-Out nicht weiter arbeiten.
Die Frage danach, wie Depression und Burn-Out effektiv eingeschränkt und statt dessen Wege zu einem glücklichen Leben und besseren psychischen Lebensbedingungen gewiesen werden können, führte zur Entstehung der Positiven Psychologie.
Entstehung der Positiven Psychologie
In den Nachkriegsjahrzehnten hat sich die Psychologie auf die Heilung von psychischen Erkrankungen fokussiert, also auf die Behebung von Defizitzuständen. Das ist aber nur die halbe Strecke – wie die WHO bereits in den 1950ern definiert hat, ist Gesundheit mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Die Linderung depressiver Symptome führt nicht zwangsläufig zu Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden. Hier setzt der neue Forschungszweig der Positiven Psychologie an und fragt, was Menschen darüberhinaus zum Aufblühen bringt.
Im Jahr 2000 behandelten die meisten bis dahin publizierten psychologischen Studien Depression, Angst, Sorge und andere Defizitzustände (Meyers, 2000)
Als der Psychologe Martin Seligman 1998 Präsident der American Psychological Association (APA) wurde, nutzte er seine Amtszeit, um einen Paradigmenwechsel in der Psychologie in der Breite zu initiieren. Gemeinsam mit Christopher Peterson erstellte er komplementär zum Diagnosehandbuch mentaler Störungen (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders – DSM mit Fokus darauf, was falsch laufen kann) eine Klassifikation von Charaktierstärken und Tugenden (Character Strenghts and Virtues). In diesem “positiven Gegenstück” führten sie auf, was alles richtig laufen kann und gehören zu den Pionieren der Forschung und Anwendung der Positiven Psychologie.
Ziele und Themen
Konkret beschäftigt sich die Positive Psychologie mit Themen wie die eigenen Stärken zu erkennen und einzusetzen, für sich passende Ziele zu setzen, die persönlichen Ressourcen zu erweitern, positive Gefühle zu erleben und zu nutzen, konstruktiv mit herausfordernden Situationen umzugehen oder nach schwierigen Lebensereignissen zu wachsen, um ein selbstbestimmtes und selbstverantwortliches Leben zu führen. Dabei werden wissenschaftliche Methoden eingesetzt, um die Gültigkeit von Modellen und Interventionen zu überprüfen.
Anstatt “fix what’s wrong” (repariere, was falsch ist) ist “build what’s strong” (baue aus, was stark ist) das Motto der Positiven Psychologie.
Im Rahmen von Positive Coaching wird über die Zielerreichung oder Lösunsfindung hinaus persönliches Wachstum angeregt, was das Positive Coaching von anderen Coachingansätzen unterscheidet.
Was ist die Positive Psychologie NICHT?
Nicht zu verwechseln ist die Positive Psychologie mit der Bewegung des positiven Denkens aus den 1970ern. Dieses hat nämlich keine wissenschaftliche Basis und konzentriert sich auf eine vereinfachende Betonung des Wünschenswerten und Vermeidung des Unangenehmen. Die Positive Psychologie ist keine “Happyologie”, die das Negative ausblendet. Im Leben kommen Herausforderungen, schwierige Situationen und Belastungen vor, und diese zu ignorieren oder zu vermeiden zu versuchen ist keine gute Bewältigungsstrategie. Stattdessen erforscht die Positive Psychologie auch wie wir Krisen und widrige Situationen konstruktiv bewältigen können und daran wachsen können.
Der Begriff Positive Psychologie impliziert auch nicht die Existenz einer “Negativen Psychologie” und stempelt die bestehende Psychologie nicht als negativ ab. Vielmehr ist die Positive Psychologie eine Ergänzung und Fortführung der bestehenden psychologischen Forschung und Praxis und gleichzeitig ein Paradigmenwechsel im Betrachtungswinkel. Anstatt nur zu erforschen, welche Faktoren zu Burnout führen, analysiert die Positive Psychologie, warum manche Menschen bei ähnlichen Bedingungen kein Burnout bekommen, so dass wir diese ausbauen können.
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Quellen:
Blickhan 2015
Deutsche Gesellschaft für Positive Psychologie
Positive Psychology Center – University of Pennsylvania